Pressemitteilungen des DNTDs

Act now – for global health equity!
++ Europäische Netzwerke gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten fordern entschlossenes politisches Handeln
Hamburg, 29. September 2025 -Auf der ECTMIH, dem Europäischen Kongresses für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (ECTMIH) 2025 zu dem mehr als 1000 Expert:innen aus aller Welt nach Hamburg kamen, richteten die europäischen Netzwerke gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten (aus Deutschland, Italien, Frankreich, Schweiz und UK), einen eindringlichen Call for Action an ihre jeweiligen Regierungen.
Weitere Unterzeichner sind: die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit (DTG), die europäische Gesellschaft für Tropenmedizin und internationale Gesundheit (festmih), das Kanadische Netzwerk für Vernachlässigte Tropenkrankheiten, United to Combat NTDs (UTC)und Jugendnetzwerke gegen NTDs.
In der Veranstaltung „Translating research into action: Neglected tropical disease advocacy networks and policy transformation“, Track 6, organsiert u.a. vom DNTDs machten sie deutlich: Ohne langfristige politische Unterstützung und gesicherte Finanzierung drohen Rückschritte im Kampf gegen Armut und vermeidbare Krankheiten.
„Die NTD-Community reagiert auf globale Krisen mit Solidarität, Innovation und Kooperation. Doch Fortschritt gelingt nur, wenn betroffene Gemeinschaften im Zentrum stehen und die Zivilgesellschaft aktiv eingebunden wird“, betonten Dr. Dr. Carsten Köhler, Mitglied im Vorstand des DNTDs und Direktor des Kompetenzzentrums Tropenmedizin Baden-Württemberg am Institut für Tropenmedizin, Reisemedizin und Humanparasitologie, Universitätsklinikum, Eberhard-Karls-Universität Tübingen sowie Prof. Dr. Laura Rinaldi, Wissenschaftlerin an der Universität Neapel, als Vertreterin des italienischen Netzwerkes.
Wachsende Herausforderungen
- Die NTD-Expert:innen warnen in der Veranstaltung vor zunehmenden Risiken, die die Bekämpfung von NTDs erschweren:
- Klimawandel begünstigt die Ausbreitung von Vektor-Erkrankungen wie Dengue oder Leishmaniose – auch in Europa.
- Migration stellt Prävention und Versorgung vor neue Aufgaben.
- COVID-Folgen verzögern weiterhin Screening-, Impf- und Behandlungsprogramme.
- Multimorbidität erfordert integrierte, sektorübergreifende Versorgungssysteme.
- Politische Instabilität und Konflikte erschweren den Zugang zu den vulnerabelsten Bevölkerungsgruppen.
Die zentralen Forderungen können Sie dem angefügten call for action „Jetzt handeln – für eine gerechtere und gesündere Welt!“ entnehmen.
Hintergrund
Mehr als 1,7 Milliarden Menschen weltweit – auch in Europa – sind von NTDs betroffen oder bedroht. Die Krankheiten verursachen chronisches Leid, Behinderungen oder den Tod, bleiben aber aufgrund ihrer engen Verknüpfung mit Armut und Marginalisierung oft unbeachtet. Bereits während der italienischen (2024) und kanadischen (2025) G7-Präsidentschaften hatte die NTD-Community einen öffentlichen Appell gestartet. Nun erneuert sie diesen in Hamburg und fordert die internationale Staatengemeinschaft auf: Jetzt handeln – für eine gerechtere und gesündere Welt!
Asiatische Tigermücke weiter auf dem Vormarsch:
Berlin, 31.07.2025 – Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), ursprünglich aus Südostasien stammend und potentielle Überträgerin von Tropenkrankheiten, wie Dengue-, Chikungunya- und Zika-Fieber, breitet sich zunehmend auch in Deutschland aus. Noch sind die Tigermücken nicht zwangsläufig Träger der Viren, die diese Krankheiten hervorrufen. Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, dass eine Tigermücke einen Infizierten sticht und sich die Krankheiten verbreiten. Daher sollte sich jeder, der aus Regionen zurückkehrt, in der die Tigermücke heimisch ist, mindestens drei Wochen lang auch zu Hause vor Mückenstichen schützen – selbst wenn keine oder nur leichte Symptome auftreten.
Angesichts der Tatsache, dass Tropenkrankheiten nicht länger „nur“ eine Herausforderung in fernen Ländern darstellen, sagt Prof. Dr. Achim Hörauf, Sprecher des Deutschen Netzwerks gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie an der Uniklinik Bonn: „Viele Menschen in Deutschland sind nicht unterrichtet, kennen die Symptome nicht. Manche Ärzte haben nicht genug Kenntnis von tropischen Krankheiten, da diese im Medizinstudium nur marginal gelehrt werden. Umso wichtiger ist ein Zusammenschluss wie unser Netzwerk, das wissenschaftlich fundiertes Wissen in den öffentlichen Diskurs bringt.“ „Auch die Erhaltung und weitere Stärkung der tropenmedizinischen Institutionen und Expertise in Deutschland ist von entscheidender Bedeutung und vorausschauendes Gebot der Stunde“ sagt Dr. Dr. Carsten Köhler, derzeitiger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und globale Gesundheit (DTG) und Mitglied im Vorstand des DNTDs.
Der interdisziplinäre Zusammenschluss des DNTDs vereint führende deutsche Tropenforscherinnen und -forscher, Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft. Das Netzwerk berät Politik und Behörden und setzt sich für die Entwicklung neuer Konzepte in Prävention, Diagnostik sowie für die Verteilung dringend benötigte Impfstoffe und Medikamente ein.
Im vergangenen Jahr wurde die Breite der deutschen Forschungskompetenz im Bereich vernachlässigter Tropenkrankheiten umfassend dokumentiert: In enger Zusammenarbeit mit dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG), der Deutschen Gesellschaft für Parasitologie e.V. (DGP) und dem DNTDs, gefördert durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMBTR), entstand ein detaillierter Überblick über das deutsche Forschungs- und Handlungspotenzial in diesem Bereich.
Weitere Informationen dazu:
https://dntds.de/publikationen.html
Wichtige Informationen zu Krankheitssymptomen, Gebieten der stärksten Prävalenz und Verhaltensmaßregeln finden sie hier:
Bei Fragen oder Suche nach Interviewpartnern wenden Sie sich bitte an uns:
E-Mail: ntd-net@gundh.com
Weiterlesen … Asiatische Tigermücke weiter auf dem Vormarsch:

Engagementpreis vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Berlin, 18.06.2025 – Das Deutsche Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten (DNTDs) freut sich sehr über die Entscheidung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), den diesjährigen Engagementpreis für „herausragendes persönliches Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit“ an Prof. Dr. Martin Kollmann zu verleihen. Ausgezeichnet wird sein Lebenswerk, das in besonderer Weise zur Verwirklichung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 beiträgt.
Bereits Anfang der 2000er Jahre – als vernachlässigte Tropenkrankheiten (NTDs) in Deutschland kaum mehr Beachtung fanden – setzte sich Prof. Kollmann mit großem Nachdruck dafür ein, dass diese vermeidbaren und in der Regel mit Armut assoziierten Krankheiten wieder auf die entwicklungspolitische Agenda Einzug finden. Er trug maßgeblich dazu bei, dass 2014 das Deutsche Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten gegründet wurde. Die Gründung stand unter dem Eindruck der London Declaration, die zwei Jahre zuvor von engagierten Geberländern, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen unterzeichnet wurde, und den Kampf gegen die vernachlässigten Tropenkrankheiten in den Fokus rückte, aber damals von Deutschland nicht unterzeichnet wurde.
Professor Dr. Martin Kollmann konnte gemeinsam mit dem DNTDs dazu beitragen, dass in den folgenden Jahren die Bekämpfung dieser Krankheiten in Deutschland wieder an Beachtung gewann. Es wurden Programme aufgesetzt, wichtige Institutionen in der Bekämpfung der NTDs von der Bundesregierung unterstützt. Als 2022 die Erklärung von London erneuert und mit der Kigali Declaration dem Kampf gegen die NTDs große Priorität auf der Agenda der globalen Gesundheit eingeräumt wurde, war Deutschland die erste westliche Industrienation, die diese unterschrieb.
Professor Dr. Martin Kollmann ist Facharzt für Augenheilkunde. Geprägt wurde sein Weg durch persönliche Erfahrungen: In den 1980er Jahren arbeitete er im Rahmen des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) als Arzt im ländlichen Äthiopien. Dort begegnete er nicht nur tiefer Armut, vermeidbarer Blindheit und Ausgrenzung, sondern auch der beeindruckenden Widerstandskraft der betroffenen Menschen.
1994 mit Unterstützung des DAAD ging er als Dozent nach Nairobi, um die augenärztliche Ausbildung vor Ort im Rahmen einer Partnerschaft mit der Universität München zu stärken. Ab 2001 arbeitete er mit der Christoffel-Blindenmission (CBM). Schwerpunkt war die Ausbildung und der Aufbau nachhaltiger Gesundheitsstrukturen in ländlichen Regionen Kenias.
Ab 2010 lag sein beruflicher Schwerpunkt auf der Bekämpfung von NTDs. In seiner Funktion als Fachberater der CBM arbeitete er eng mit Partnern aus nationalen Programmen, der WHO, der Forschung, der Industrie und der Zivilgesellschaft zusammen. Besonders wertvoll war ihm die direkte Zusammenarbeit mit lokalen Gesundheitshelfer:innen und Freiwilligen: „Sie kennen die Herausforderungen vor Ort am besten – und oft auch die passenden Lösungen. Ich habe viel von ihnen gelernt – über Respekt, Innovation und Menschlichkeit.“ Mit dem „Train-the-Trainer“-Ansatz hat Prof. Kollmann maßgeblich dazu beigetragen, Gesundheitspersonal vor Ort zu qualifizieren – und vielen Menschen ihr Augenlicht zurückzugeben.
Von Nairobi aus setzt sich Martin Kollmann bis heute, selbst im Ruhestand, mit großem fachlichem, politischem und menschlichem Engagement für das deutsche Engagement gegen NTDs ein. Als Brückenbauer zwischen Forschung, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft gibt Prof. Kollmann wertvolle Impulse – auch für die Umsetzung der WHO-NTD-Roadmap 2030, die in diesem Jahr zur Halbzeitbilanz ansteht. Mit Blick auf die Zukunft mahnt er: „Für das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele und die Eliminierung von NTDs braucht es globale Solidarität, innovative Ansätze, starke lokale Strukturen – und die aktive Einbindung der Betroffenen. Zivilgesellschaftliches Engagement ist dabei nicht optional, sondern unerlässlich.“
Foto: CBM Christoffel Blindenmission