Wie vernachlässigte Tropenkrankheiten bekämpft werden
Eine wirkungsvolle medikamentöse Bekämpfung von gleich fünf NTDs- der Flussblindheit, der lymphatischen Filariose, der Bilharziose, der Geohelminthen (d. h. der Spul-, Haken- und Peitschenwürmer), sowie des Trachoms in den Bevölkerungen endemischer Gebiete kann mit ein und derselben Strategie erreicht werden: der jährlichen oder halbjährlichen präventiven Behandlung mit Einzeldosen effektiver Medikamente als Massenbehandlung (mass drug administration oder MDA). Hierbei wird keine individuelle Diagnostik vorgenommen, sondern alle Mitglieder z. B. einer Dorfgemeinschaft erhalten das Medikament. Den Infizierten hilft es, den Nicht-Infizierten schadet es nicht. Mit diesem Ansatz liegen umfangreiche, durchweg positive Erfahrungen im Kampf gegen bestimmte NTDs vor. Besonders zu nennen sind die bahnbrechenden Erfolge bei der Bekämpfung der Flussblindheit in Afrika und Lateinamerika. Weil die Menschen in den warmen Regionen der Welt in der Regel nicht nur von einem dieser Übel, sondern meist von mehreren heimgesucht werden, eignet sich – je nach epidemiologischer Situation – ein integrierter Ansatz zur Bekämpfung mehrerer tropischer Armutskrankheiten mittels verschiedener Massenbehandlungen in einem Programm. Ganz besonders vielversprechend ist in dieser Hinsicht die regelmäßige präventive Behandlung von Würmern bei Kindern. Andererseits stellt die Identifikation der betroffenen Bevölkerungsgruppen und die Umsetzung der Behandlungsprogramme viele Länder vor große Herausforderungen. Auch führt eine Massenbehandlung nicht zu einer Immunisierung; die mögliche erneute Infektion erfordert meist eine regelmäßige Wiederholung der Behandlung über viele Jahre.
Eine schwierigere Herausforderung ist die Bekämpfung der Leishmaniosen, der Chagas-Krankheit, der Schlafkrankheit und der Lepra. Der Bekämpfungsansatz beruht darauf, Patienten möglichst früh mit diagnostischen Mitteln zu erkennen und zu behandeln. Bei den Leishmaniosen und den Trypanosomatosen, die durch Insekten übertragen werden, kommen noch Maßnahmen zur Bekämpfung dieser sogenannten Vektoren hinzu.
Für die meisten NTDs sind die derzeit zur Verfügung stehenden diagnostischen und therapeutischen Instrumentarien für eine wirksame Bekämpfung von NTDs ausreichend. Eine verstärkte Erforschung und Entwicklung von neuen diagnostischen Methoden und Medikamenten ist dennoch notwendig – v.a. für die letzte Bekämpfungsphase bei der Ausrottung einer Erkrankung. Ziele sind bei der Medikamentenentwicklung insbesondere eine einfachere Anwendung, kindgerechte Formulierungen und ein günstigeres Nebenwirkungsprofil.
Ein sehr wirkungsvolles Mittel, das für die meisten Infektionskrankheiten sinnvoll ist, ist die Verbesserung der persönlichen Hygiene, der Wasser- und der Sanitärversorgung und des allgemeinen Lebensstandards. Zu einer erfolgreichen Bekämpfung der NTDs gehört daher eine umfassende Aufklärung der gefährdeten Bevölkerungsgruppen, die Verbesserung der sanitären Verhältnisse und die Bekämpfung der Überträger der Krankheiten (Vektoren).