Berlin, 28.02.2025 Das Deutsche Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten (DNTDs) zeigt sich äußerst besorgt über die plötzliche Einstellung der USAID-Finanzierung für Programme zur Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten (NTDs). Diese Entscheidung gefährdet Millionen von Menschen in betroffenen Regionen und droht, Fortschritte jahrzehntelanger Arbeit im Kampf gegen diese Krankheiten zunichtezumachen.
"Die Einstellung der Finanzierung durch USAID hätte verheerende Auswirkungen auf den Kampf gegen NTDs", warnt Prof. Dr. Achim Hörauf, Sprecher des DNTDs und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie an der Uniklinik Bonn. "Ohne diese Unterstützung drohen Rückschläge bei der Behandlung und Prävention, was zu einem Wiederaufleben vermeidbarer Krankheiten führen könnte. Die SARS-CoV-2-Pandemie hat uns gezeigt: jedes Jahr, in dem wir diese Programme nicht durchführen, wirft uns wieder um etliche Jahre zurück."
Klimawandel verschärft die Krise
Der Klimawandel verschärft die Verbreitung und Auswirkungen vernachlässigter Tropenkrankheiten (NTDs). Steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster und extreme Wetterereignisse schwächen zum einen die ohnehin fragilen Gesundheitssysteme in den Mittel- und Low-Income Ländern. Zum anderen wird die Ausbreitung von Krankheitsüberträgern wie Mücken, Schnecken und Parasiten begünstigt. Sie treten mittlerweile auch in nichttropischen Ländern auf. Besonders das Denguefieber hat sich bereits in zahlreichen Ländern ausgebreitet und wird regelmäßig in den Sommermonaten auch in Südeuropa übertragen. Ohne gezielte Maßnahmen könnten NTDs in den kommenden Jahrzehnten die globale Gesundheitslast erheblich steigern.
US-Finanzierung als zentrale Stütze im Kampf gegen NTDs
Die Bereitstellung finanzieller Mittel aus den USA spielt eine entscheidende Rolle bei Programmen zur Verabreichung von NTD-bekämpfenden, medikamentösen Massenbehandlungen (MDA), der Finanzierung von Forschungsarbeiten und der Koordinierung der Bemühungen mit den lokalen Gesundheitssystemen. Die WHO, nationale und internationale NGOs, Forschungsinstitutionen weltweit und lokale Gesundheitsministerien können durch die Finanzierungslücke nur noch eingeschränkt arbeiten.
Der enorme Erfolg der US-Programme zur Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten steht auf dem Spiel. Bis heute hat dieses Programm mehr als 3,3 Milliarden Behandlungen für mehr als 1,7 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt durchgeführt. So konnten unter anderem mehr als 455 Millionen Menschen vor lymphatischer Filariose (Elefantiasis), 196 Millionen Menschen vor Trachom und 16 Millionen Menschen vor Flussblindheit (Onchozerkose) geschützt werden.
Das Deutsche Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten ist alarmiert: Durch das Wiederauftreten oder die verstärkte Verbreitung dieser Krankheiten werden mehr Menschen darunter leiden.
Zur aktuellen Lage
- Eingefrorene Mittel für NTD-Programme: 20 Länder, die durch die Programme „Act to End NTDs / West“ und „Act to End NTDs / East“ unterstützt wurden, sind betroffen. Seit 2018 wurden durch das East-Programm 146 Millionen Behandlungen ermöglicht, 250.000 Community-Health-Worker ausgebildet, drei Länder standen kurz vor der Eliminierung mindestens einer NTD. Sieben weitere Länder könnten nun ihr Ziel zur Beseitigung einer NTD in den nächsten zwei Jahren verfehlen.
- Keine medikamentösen Behandlungen: Unternehmen hatten insgesamt 880 Millionen Medikamente im Wert von 975 Millionen Dollar zur Verteilung im Jahr 2025 gespendet. Es ist nun zu befürchten, dass geplante präventive medikamentöse Massenbehandlungen nicht mehr durchgeführt werden können. Medikamente mit ablaufendem Haltbarkeitsdatum bleiben ungenutzt und müssen vernichtet werden. Millionen von Menschen werden Behandlungszyklen verpassen, was zu Krankheit, Behinderung und wirtschaftlichem Niedergang und in einigen Fällen sogar zum Tod führen könnte.
- Eingeschränkte Ernährungssicherungsprogramme: In abgelegenen Regionen und Konfliktgebieten werden lebensrettende Maßnahmen für Ernährung und Wasserversorgung verhindert. Die Folgen sind Unterernährung uns damit ein erhöhtes Risiko für Infektionen mit NTDs für die betroffene Bevölkerung.
- Keine verlässlichen Daten: Mehr als 400 diagnostische Erhebungen – Tests und Untersuchungen zur Messung des Fortschritts bei der Eliminierung von Krankheiten – könnten ausfallen.
- Eingeschränkte Forschungsprogramme: Erforschung neuer Medikamente, Impfstoffe, Diagnostika und Interventionen gegen NTDs wurden weiter reduziert, klinische Studien abrupt gestoppt; medizinische und ethische Verpflichtungen werden missachtet.
- Unklare Alternativfinanzierung: Die große Finanzierungslücke ist schwer zu schließen, alternative Finanzierungsquellen sind unsicher.
Das DNTDs fordert die internationale Gemeinschaft dringend auf, die Finanzierungslücken zu schließen und Maßnahmen zur langfristigen Sicherung der NTD-Programme zu ergreifen. "Es darf nicht sein, dass Millionen von Menschen den Zugang zu lebensrettenden Behandlungen verlieren", betont Achim Hörauf.