Pressemitteilungen des DNTDs
Bundestagsabgeordnete Heike Baehrens und Prof. Dr. Andrew Ullmann in Tansania
Berlin/Tansania, 17.6.2019 - Vom 10. bis zum 16. Juni 2019 haben die Bundestagsabgeordneten Heike Baehrens (SPD) und Prof. Dr. Ullmann (FDP) Projekte und Institutionen besucht, die vernachlässigte Tropenkrankheiten (NTDs, Neglected Tropical Diseases) bekämpfen. Unter anderem konnten sie mit Vertretern des tansanischen medizinischen Forschungsinstituts (NIMR, National Institute for Medical Research) in Kontakt treten, die ihnen über die Herausforderungen aber auch Erfolge in der Bekämpfung von NTDs in Tansania berichteten. Daneben trafen sie Patienten, die an Elefantiasis, Lepra bzw. Schistosomiasis (Bilharziose) erkrankt sind.
„Theorie und Praxis machen einen großen Unterschied. Über den direkten Kontakt zu den betroffenen Menschen versteht man, was vernachlässigt bedeutet. Es sind die Ärmsten der Armen, die an vernachlässigten Tropenkrankheiten leiden“, resümiert Heike Baehrens MdB. „Als Vorsitzende des Unterausschusses Globale Gesundheit ist es mir wichtig, die Zusammenhänge vor Ort zu erfassen. Durch Gespräche mit Verantwortlichen und Betroffenen können wir besser einschätzen, welche Weichenstellungen in der globalen Gesundheitspolitik notwendig sind“, so Heike Baehrens weiter.
Auch Andrew Ullmann wertet die Reise als großen Gewinn für seine parlamentarische Arbeit: „Für mich hat sich während dieser Reise mein Fokus geschärft. Obwohl ich als Infektiologe vernachlässigte Tropenkrankheiten kenne, ist es etwas anderes in einem Land mit einer so großen Zahl Betroffener konfrontiert zu werden, deren Erkrankungen mit relativ einfachen Mitteln heilbar sind. Das gilt nicht nur für die Therapie, sondern auch für die Prävention. Für meine Arbeit in Berlin nehme ich mit, dass wir globale und nachhaltige Lösungen finden müssen, damit kein Mensch mehr an vermeidbaren oder heilbaren Krankheiten sterben muss.“
Die Bedeutung der vernachlässigten Tropenkrankheiten für die globale Krankheitslast ist besonders groß, da etwa 1,4 Mrd. Menschen an einer oder mehreren NTDs leiden, etwa zwei Milliarden Menschen bedroht sind. Die Folgen für die betroffenen Menschen und ihr Umfeld sind tiefgreifend. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung werden die NTDs in den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) explizit erwähnt. Bis 2030 soll die Zahl derjenigen Betroffenen, die dafür Medikamente benötigen, um 90 Prozent reduziert werden. Das von Deutschland verfolgte Ziel der Gesundheitssystemstärkung ist eine wesentliche Bedingung für die Erreichung der Gesundheitsziele in den SDGs. Dank umfangreicher Spenden von Pharmaunternehmen stehen Medikamente zur Bekämpfung der vernachlässigten Tropenkrankheiten vielerorts zur Verfügung. Doch durch das oft unterentwickelte Gesundheitswesen in den betroffenen Ländern wird ihre regelmäßige Verteilung an von NTDs betroffene Bevölkerungsgruppen und die damit verbundene medizinische Versorgung zu einer schwer überwindbaren Hürde.
Der Besuch vor Ort bei den betroffenen Menschen habe die Theorie bestätigt, dass ein erfolgreicher Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten sektorübergreifend erfolgen muss. Davon sind beide Parlamentarier überzeugt. Im Falle der Krankheit Schistosomiasis (Bilharziose), die über Schnecken, die im stehenden Süßwasser leben übertragen wird, können Medikamente nur bedingt helfen, solange die Menschen, die vor Ort leben in den See urinieren und sich, wenn sie in diesem Gewässer baden oder das Wasser zum Essen oder Kochen verwenden, wieder anstecken. Nur im Zusammenspiel mit sauberem Trinkwasser, mit funktionierenden sanitären Anlagen und Aufklärung der Menschen kann Schistosomiasis (Bilharziose) nachhaltig bekämpft werden. „Die mangelnde Aufklärung ist ein Indiz für unzureichende Schulbildung. Eine adäquate und gute Schulbildung ist unerlässlich, um nachhaltig und effizient die Entwicklung eines Landes wie Tansania voranzutreiben“, ist sich Heike Baehrens sicher.
„Wir hatten die Gelegenheit, uns zum einen intensiv mit den Akteuren vor Ort auszutauschen und bei Besuchen im Landesinneren auch betroffene Patienten zu sehen. Es ist erschreckend, die Krankheitssymptome wie lymphatische Elefantiasis oder Lepra zu sehen. In diesem Bereich kann und muss noch viel getan werden, vor allem beim sog. "Morbidity Management". Das ist teurer als die bisherigen Maßnahmen, aber durch die nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) mit Universal Health Coverage (UHC) ein „Muss“. Stärkung der Gesundheitssysteme durch deutsches Engagement in Zusammenarbeit mit den betroffenen Ländern wird dazu helfen können, dass diese Patienten entsprechend ihrer Notwendigkeiten behandelt werden können. Deutsche NGOs leisten Pionierarbeit dabei. Aber auch weitere Forschung ist nötig, um die Therapien der vernachlässigten Tropenkrankheiten zu verbessern. Auch da leistet Deutschland durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) viel Aufbauarbeit und Capacity Building.“ Prof Dr. Achim Hörauf, Sprecher des Deutschen Netzwerks gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, Direktor des Instituts für Med. Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie an der Uniklinik Bonn hat die Parlamentarier auf der Reise begleitet
Die Reise wurde zeitweise begleitet von Mitgliedern des DNTDs von action medeor, der Christoffel Blindenmission (CBM), der DAHW, dem Missionsärztlichen Institut Würzburg, der Universität München und der Universität Bonn.
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Würzburger Gründungsmitglieder des Deutschen Netzwerks bauen Deutsches Zentrum für die sektorübergreifende Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten auf
Berlin/Würzburg 22.05.2019 - Bislang haben unterschiedliche Disziplinen in der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft selten strukturiert und langfristig zusammengearbeitet. Das soll sich durch die Gründung des Deutschen Zentrums für die sektorübergreifende Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten (DZVT) ändern, an dem zahlreiche Mitglieder des DNTDs beteiligt sind. Das Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, die DAHW und das Missionsärztliche Institut Würzburg unter vielen anderen hatten 2014 das Deutsche Netzwerk gegründet. Unterschiedliche Fakultäten der Würzburger Hochschulen wie Volkswirtschaft, Ingenieurswesen, Politikwissenschaft, Soziologie, Ökologie, Klimaforschung und Biomedizin können zukünftig bei der Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten auf die Praxiserfahrung umsetzender Hilfsorganisationen zugreifen.
„Wir begrüßen den sektorübergreifenden Ansatz. Der Austausch der unterschiedlichen Fachrichtungen an den Hochschulen untereinander, gekoppelt mit den praktischen Erfahrungen der umsetzenden Hilfsorganisationen bilden einen Mehrwert und können zu neuen Betrachtungen, Erkenntnissen und Lösungen führen“, sagt Prof. Dr. Achim Hörauf, Sprecher des Deutschen Netzwerks und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie an der Uniklinik Bonn.
Johan Willems, NTD-Programmkoordinator Afrika Christoffel-Blindenmission (CBM), Mitglied im Vorstand des DNTDs als Vertreter der Zivilgesellschaft wies darauf hin, dass diese neue Initiative die Möglichkeit biete, auch Stimmen aus afrikanischen und aus asiatischen Partnerländern einzubeziehen. Die meisten Länder in Subsahara Afrika haben einen nationalen Masterplan zur Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten verabschiedet. Die neue Initiative aus Würzburg wird hilfreich sein, um die Zusammenarbeit mit nationalen und internationale NGOs auch auf dieser Ebene weiter zu stärken.
Harald Zimmer, Verband forschender Arzneimittelhersteller - vfa, Mitglied im Vorstand des DNTDs für die Privatwirtschaft, wies darauf hin, dass es heute nicht mehr nur um die Bekämpfung einzelner Krankheiten gehe, sondern um integrierte Prozesse, die sehr viel Fachwissen benötigen, wie zum Beispiel die Medikamenten-Lieferketten für die „letzte Meile“ oder die Anwendungsforschung. Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten werde heute mit vielen verschiedenen Maßnahmen verknüpft, mit Wasser und Hygieneversorgungsprogrammen, Hungerbekämpfung, oder Gesundheitsprogrammen für Mensch und Tier. Dafür sei die Gründung des Zentrums in Würzburg ein wichtiger Ansatz.
Memento-Preisträger 2019: Prof. Dr. Jürgen May, DNTDs-Ehrenmitglied
Berlin - 20. Februar 2019. Der Memento Preis wird in diesem Jahr an Prof. Dr. Jürgen May vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) verliehen. Mit dem mit 5000 Euro dotierten Preis wird Mays Forschung zu schwer verlaufenden Infektionserkrankungen bei Kindern in Subsahara-Afrika gewürdigt. Viele Infektionserkrankungen in Gegenden Subsahara-Afrikas werden von Erregern verursacht, die aber aufgrund mangelnder Diagnostik nicht erkannt und damit nicht behandelt werden, obwohl Medikamente dafür vorhanden wären. Die Arbeitsgruppe um May in Hamburg und Kumasi (Ghana) konnte in verschiedenen Krankenhäusern in der Ashanti-Region die Ursachen für die Infektionserkrankungen identifizieren. „Oft haben schwer verlaufende Infektionserkrankungen mehrere Auslöser. Die Menschen leiden dann an verschiedenen Krankheiten. Diese Koinfektionen, die von Parasiten, Bakterien oder Viren ausgelöst werden und oft zu den vernachlässigten Tropenkrankheiten gehören, verschlimmern den Verlauf der Krankheit.“, erklärt May.
„Wir gratulieren Prof. Dr. Jürgen May zur Auszeichnung mit dem Memento Preis 2019“, sagt Prof. Dr. Achim Hörauf, Vorstandssprecher des Deutschen Netzwerks gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten (DNTDs).“ Professor May trägt mit seiner Arbeit und seinem großen Engagement einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten bei. “ Mit Prof. Dr. Jürgen May ist bereits der dritte Wissenschaftsvorstand im DNTDs mit dem Memento Preis ausgezeichnet worden. 2017 ging der Preis an Dr. Dr. Carsten Köhler, Direktor des Kompetenzzentrums Tropenmedizin der Universität Tübingen für den Nachweis der Wirksamkeit einer vereinfachten Artemisinin-Therapie bei an schwerer Malaria erkrankten Kindern und 2015 an Prof. Dr. Achim Hörauf vom Universitätsklinikum Bonn für die Entwicklung einer Therapie gegen parasitische Fadenwürmer (lymphatische Filariose).
Das DNTDs setzt sich dafür ein, dass Deutschland sich vermehrt im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten engagiert. „Die Förderung der Forschung, insbesondere der angewandten Forschung, ist dabei unerlässlich. Die vom DNTDs initiierte und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützte Studie „Expertise zum Beitrag deutscher Institutionen bei der Forschung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten“, entstanden unter der Federführung von Prof. Dr. Jürgen May, hat gezeigt, dass noch große Lücken bestehen und noch viel Potential in der deutschen Forschungslandschaft ausgeschöpft werden kann“, sagt Dr. Dr. Carsten Köhler. „Will Deutschland tatsächlich eines der führenden Länder sein und die globale Gesundheit fördern, müssen NTDs unbedingt mitgedacht werden. Denn diese Krankheiten sind der Lackmustest, ob der Zugang zu Gesundheitssystemen tatsächlich gegeben ist“, so Köhler weiter.
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